
In der Urologie hat Stephan Weil hospitiert. „Eine Station, in der zu 80 Prozent schwerkranke Krebspatienten liegen“, sagt der Ministerpräsident. Er habe große Hochachtung vor dem Pflegepersonal, das immer ausgesprochen freundlich sei. „Da herrscht echter Teamgeist.“ Aber Weil konnte auch erfahren, dass die Arbeitsbelastung groß und im Vergleich der Verdienst eher gering ist: „Da nehmen junge Krankenschwestern noch einen Nebenjob an, um ihre 1200 Euro netto noch etwas aufzubessern.“
Und der Politiker nimmt diese Erfahrung mit in die politische Gesundheitsdebatte in Hannover und vor allem in Berlin. Gute Pflege gebe es eben nicht umsonst. Er wisse, dass es vielen Krankenhäusern wirtschaftlich nicht besonders gehe. Die Stader Klinik sei da eine Ausnahme. Aber diese ganze Wirtschaftlichkeitsdebatte dürfe nicht zu Lasten des Pflegepersonals und der Patienten gehen. Auch hat der Ministerpräsident feststellen müssen, dass viel zu viel Zeit für Dokumentation aufgebracht werde. Diese Zeit fehle dann für die Betreuung der Patienten.
Einer dieser Patienten kam gestern in den Genuss, vom Ministerpräsidenten persönlich betreut zu werden. Luise Köhn hat sich lange mit Weil unterhalten, während er mit ihr den Krankenhausflur auf- und abging. Während der Politiker dabei half, die alte Dame zu „mobilisieren“, hätten sie über Gott und die Welt gesprochen. Begleitet wurde der Ministerpräsident von Stationsleiter Hartmut Schümann. Ganz bewusst wolle der Ministerpräsident bei diesen Praktika den Kontakt zu den Mitarbeitern, sagt Regierungssprecherin Anke Pörksen. Den Chefarzt der Urologie, Dr. Christoph Gehring, hat Weil gar nicht kennengelernt, und der Kontakt zum Geschäftsführer der Elbe Kliniken, Siegfried Ristau, beschränkte sich auf eine kurze Begrüßung.
Nach kurzen Visiten in der Physiotherapie und im Aufwachraum, in den Patienten nach der Operation gebracht werden, fuhr Stephan Weil noch kurz ins CFK-Forschungszentrum. Der hauptamtliche Vorstandsvorsitzende des Vereins CFK Valley Stade, Dr. Gunnar Merz, erläuterte dem Politiker den Stand der Forschung an dem modernen Werkstoff CFK, der zunehmend außer im Flugzeug auch im Automobilbau eingesetzt wird. Im Stader Kompetenzzentrum geht es vor allem um die Automatisierung der CFK-Verarbeitung in der Großindustrie. Weil zeigte sich begeistert von der Stader Forschung. Er sieht die Notwendigkeit, dass sich die Auto- und die Flugzeugindustrie bei dieser Materialentwicklung zusammenschließen.
STADER TAGEBLATT vom 08.07.2014